Aktiencrash ist seit November 2021 in vollem Gang Bereits seit Ende 2021 sind diverse globale Aktienmarktindizes auf dem Weg nach unten. Ein Ende der Talfahrt ist noch nicht in Sicht, das schlimmste könnte uns noch bevorstehen. Der obige Chart zeigt, dass sowohl die US-Indizes S&P 500 und Nasdaq 100 als auch der deutsche DAX und der japanische Nikkei gegen Ende des vergangenen Jahres ihre Höchststände erreicht haben. Seitdem hat ein kontinuierlicher Abwärtstrend sämtliche Indizes erfasst, welcher nur zwischendurch durch Erholungsrallyes unterbrochen wurde. Die US Zinsen explodieren seit Ende 2021 Der obige Chart zeigt, dass gegen Ende 2021 ein Zinsantieg ind en USA eingeleitet wurde welcher noch kein Ende gefunden zu haben scheint. Im Gegenteil, in den letzten Wochen haben insbesondere die langfristigen 10- und 30-jährigen US Zinsen deutlich an Geschwindigkeit zugelegt. Eine weitere Eigenschaft ist im Chart auszumachen, welche von vielen Börsenteilnehmern als alarmierendes Signal für einen bevorstehenden Crash gedeutet wird. Die Inversion der Zinskurve, hier daran zu erkennen, dass die kurzfristigen Zinsen (grüne Kurve) die langfristigen Zinsen (gelbe und blaue Linien) übersteigt. Wie beeinflussen Zinsen die Aktienmärkte? Der obige Chart zeigt, wie entgegengesetzt der 2-jährige US Zins und der Nasdaq 100 seit Ende 2021 verlaufen. Steigende Zinsen bedeuten höhere Finanzierungskosten für Unternehmen, wodurch deren Profitabilität unter Druck gerät. Die theoretische Aktienbewertung gemäs dess Gordon-Growth-Modells stellt die erwarteten Erträge in den Zähler, und den Zinssatz in den Nenner. Höhere Zinsen führen demnach auch theoretisch zu niedrigeren Aktienbewertungen. Die persönliche Erfahrung dient hier auch als guter Vergleich. Wenn man für die eigenen Kredite auf einmal höhere Zinsen zahlen muss, bleibt vom Vermögen weniger übrig. Aus demselben Grund sind steigende Zinsen Gift für den Aktienmarkt. Steigen die Zinsen weiter? Mit Sicherheit kann das niemand sagen. Aktuell sieht vieles danach aus, dass der aktuelle Zinsanstiegszyklus noch kein Ende gefunden hat. Im Gegenteil, mit einer Inflationsrate von um die 10% sind die Zinsen trotz des aktuellen Anstiegs eigentlich noch viel zu niedrig um die Inflation einzudämmen. Vor diesem Dilemma stehen die Notenbanken. Um die Inflation in den Griff zu bekommen, müssten die Zinsen noch schneller erhöht werden. Tut man dies, werden sämtliche Unternehmen, Staaten und Bürger mit hohen Verschuldungsquoten an den Rand des Bankrotts getrieben. Ein langsamerer Zinsanstieg gibt den Akteuren Zeit Massnahmen zu ergreifen. Fraglich ist, ob tatsächlich Massnahmen getroffen werden oder ob überhaupt Massnahmen getroffen werden können. Vielerorts scheint eine Ohnmacht um sich zu greifen in der Hoffnung, dass die Entwicklung dieses Horrarjahres bald ein Ende gefunden hat und wir zu dem Bullenmarkt der letzten 12 Jahre zurückkehren werden. Diese Hoffnung dürfte angesichts der hohen Inflation ein Luftschloss bleiben, denn solange die Inflation oberhalb der Zinssätze ist haben die Notenbank nicht mehr die Möglichkeit die Zinsen zu senken. Ihre Rolle als Feuerwehr in einem Aktiencrash ist im Augenblick verflogen, der sogenannte Fed-Put aktuell Geschichte. Ob sich die meisten Marktakteure dieser Zeitenwende tatsächlich bewusst sind darf bezweifelt werden. Wenn es noch ganz schlimm kommt, und dass ist leider nicht auszuschliessen, werden die hohen Zinsen dazu führen, dass Unternehmen und Staaten von denen man es nicht erwartet hätte Insolvenz anmelden müssen. Erst dann wird sich der aktuelle Bärenmarkt zu einem crashartigen Panikmarkt wie in 2008 oder in den Jahren 2001 bis 2003 entwickeln. Wenn es nicht ganz so schlimm kommt, dann wird die Inflation sich auf einem Niveau niedriger als dem heutigen einpendeln und der Zinsanstiegszyklus nach ein paar handvoll weiteren Erhöhungen bereits ein Ende gefunden haben. Kann man sich vor einem schweren Crash schützen? Ja, man kann sich vor einem Aktiencrash schützen. Dem "Ja" folgt allerdings auch ein "Aber", denn wer sich vor einem Aktiencrash schützen möchte muss entweder hohe Kosten für den Schutz bezahlen oder eine Strategie auswählen, welche das Crashrisiko in andere Risiken überträgt.
Weithin bekannt, die Diversifikation. Aber hilft sie im schweren Crash wirklich? Eine Absicherungsmöglichkeit ist die Diversifikation, welche vielerorts als "DIE" Absicherungsstrategie schlechthin gepriesen wird. Diviersifikation ist definitiv ein "Muss", um nicht sein ganzes Vermögen auf eine Karte zu setzen. Der Schutz der Diversifikation gerade in Krisenzeiten wird aber masslos überschätzt, denn gerade in der Krise versagt die Diversifikation mit schöner Regelmässigkeit. In diesem Jahr trifft dies auf die in den letzten Jahrzehnten so gern propagierte Schutzfähigkeit von Bonds in Aktiencrashs zu. In diesem Jahr fallen beide Anlageklassen, und wer in die Geschichte blick hätte wissen, dass es solche Phasen geben kann. Absicherungen mit Put-Optionen - Ideal, aber teuer! Die sicherste Möglichkeit sind sogenannte Put-Optionen zu kaufen, mit denen man sein Aktienvermögen gegen grössere Crashs absichern kann. Diese sind bereits in risikoarmen Zeiten recht teuer und kosten für eine einjährige Absicherung gerne um die 3-5% des abzusichernden Vermögens. In Phasen höherer Risiken sind Puts umso begehrter und die Kosten können ein Vielfaches ausmachen. Hier gilt das Motto "Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben". Dynamische Steuerung der Aktienquote - hilft im Crash, und sonst? Eine weitere Möglichkeit sind dynamische Risikomodelle, mit denen man die Aktienquote steuern kann und in risikoreicheren Phasen das Aktienengagement reduziert. Theoretisch ohne Makel, haben solche Strategien in der Praxis viele Fallstricke. Häufige Umschichten kosten Gebühren und schmälern die langfristige Rendite, viele Umschichtungen erweisen sich im Nachhinein als unnötig und kosten ebenfalls Rendite. Derartige Strategien neigen dazu in guten Jahren gegenüber dem reinen Aktienmarkt schlechter zu rentieren, sodass die meisten Anleger früher oder später die Geduld verlieren und diese Strategien verwerfen. Die Stärke dieser Strategien spielt sich hauptsächlich in den harten Krisenjahren aus, in denen sie aufgrund ausbleibender Verluste den Aktienmarkt weit hinter sich lassen. Aus diesem Grund sollten sich Anleger vorab überlegen, ob sie langfristig in eine solche Strategie investieren wollen und sie für das eigene Vermögen ganz oder zumindest teilweise anwenden wollen. Warum absichern? In der Krise einfach günstig zukaufen! Viele Marktakteure sind der Ansicht, dass sogenanntes Markettiming nicht funktioniert. Ebenso gross dürfte das Lager derjenigen sein, die daran glauben. Wer nicht daran glaubt den Markt timen zu können, und insbesondere nicht daran glaubt das Marktrisiko timen zu können, der investiert zum Beispiel langfristig in passive Indexfonds. Diese Investoren propagieren in der Krise gerne, dass ein Crash die Gelegenheit zu einem günstigen Einstieg ist. Als solcher Anleger braucht man dann auch Nerven aus Stahl, um Verluste im Portfolio von -50% bis teilweise über -70% ertragen zu können ohne zu verkaufen. Im Anschluss daran braucht es viel Geduld, denn derartige Verluste benötigen häufig mehrere Jahre, teilweise Jahrzehnte, bis sich die Märkte wieder auf neue Höchststände bewegen. Ältere DAX Investoren dürften sich noch erinnern, wie lange sich die Zeit zu Beginn der 2000er Jahre angefühlt hat bis der DAX das Vorkrisenniveau des Jahres 2001 wieder erreicht hat. Der Dow Jones wiederum benötigte über 20 Jahre um sich von der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre zu erholen. Von allem ein bisschen - Strategiediversifikation Natürlich können die oben genannten Strategien auch miteinander kombiniert werden, indem man einen Teil seines Vermögens langfristig passiv investiert, einen anderen Teil in aktive Aktienprodukte mit dynamischer Steuerung der Aktienquote investiert, und einen weiteren Teil mittels Put-Optionen direkt absichert. Eine derartige Strategiediversifikation können im Gegensatz zur reinen Assetklassen- oder Einzeltiteldiversifikation im Verlauf eines ausgewachsenen Crashs standhalten.
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AuthorBertan Güler, CFA Archives
November 2022
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