Coronavirus Rück- und Ausblick
Die Entwicklung der Neuinfektionen schreitet weltweit mit besorgniserregender Geschwindigkeit voran. Asiatische Länder scheinen aus diversen Gründen mehr Erfahrung und einen effizienteren Umgang mit derartigen Epidemien zu haben. China konnte die Anzahl an Infektionen auf ca. 82'000 begrenzen (bislang), Südkorea hat die Eindämmung bei ca 8'000 bis 9'000 Infektionen erreicht. In beiden Länder sind die Wachstumsraten bei ca. 1% oder darunter. Singapur und Japan haben die Eindämmung zwar noch nicht erreicht, können die Wachstumsraten jedoch auf einem niedrigen Niveau um die 10% und darunter halten. Das war es aber schon mit halbwegs guten Nachrichten. Die Lage in Europa ist, man kann es nicht anders ausdrücken, verheerend. Hat man sich anfangs noch zu lange vor harten Entscheidungen der Abriegelung ganzer Regionen wie in China gescheut, bleibt den europäischen Ländern jetzt keine andere Wahl als für das ganze Land die "Pause"-Taste zu drücken. Die globale Ausbreitung, welche in Asien noch einigermassen verhindert werden konnte, hat sich dramatisch beschleunigt nachdem Europa betroffen wurde. Das Ausmass der menschlichen Tragödie wird allen in Norditalien vor Augen geführt. Ich werde nicht müde zu betonen, dass Italien sich einzig und allein dadurch von anderen europäischen und amerikanischen Ländern unterscheidet, dass sie uns einige Tage voraus sind. Der Mangel an Beatmungsgeräten wird auch bei uns dazu führen, dass Entscheidungen getroffen werden müssen Menschen ohne Behandlung ihrem Schicksal zu überlassen. Leider gilt nach wie vor, das Schlimmste steht uns noch bevor. Das unausweichliche Drama rückt auf beklemmende Weise immer näher und wird in den nächsten Wochen hoffentlich seinen traurigen Hochpunkt überwunden haben. Ich kann nur jedem wünschen, gesund aus dieser Lage herauszukommen. Viele werden es leider nicht überleben. Ebenso tragisch ist der Gedanke, dass wie bei der Spanischen Grippen vor gut 100 Jahren die aktuelle Phase lediglich die erste von weiteren Infektionswellen sein könnte. Ein Lichtblick ist die nun allgegenwärtige Wahrnehmung dieser Krise als ebensolche, zumindest in den Reihen der Politik. Der noch stärkere Fokus auf die Entwicklung von Impfstoffen oder Therapien, die zusätzliche Produktion von Beatmungsgeräten von verantwortungsbewussten Unternehmen wie General Motors oder Tesla lassen hoffen, dass die Opferzahl durch vereinte Anstrengungen so niedrig wie möglich gehalten werden kann. Trotz all dieser Anstrengungen wird diese Phase als eine menschliche Tragödie in die Geschichtsbücher eingehen, die wegen der Ignoranz, mangelhaften Weitsicht und fehlgeleiteten Interessenslagen zahlreicher Politiker derartige Ausmasse annehmen konnte. Es bleibt zu hoffen, dass zumindest zukünftige Generationen aus dieser Krise lernen werden und wir das nächste Mal schneller und zielstrebiger reagieren. Der nächste Virus könnte noch gefährlicher sein als der Coronavirus. Marktrückblick Nach den heftigen Verlusten und panikartigen Verkäufen an den Märkten in den Wochen zuvor, hat sich die Marktverfassung in der vergangenen Woche ein wenig gebessert. Zumindest mit Blick auf die europäischen Märkte. Nichtsdestotrotz steht am Ende der Woche ein deutliches Minus bei den meisten grossen europäischen Indizes von ca. -3% bis ca. -9%. Auffällig sind die höheren Verluste der Aktienindizes mittlerer wie kleiner Unternehmen. In Grossbritannien hat der FTSE 250 mit -14% deutlich stärker gelitten als der grosse Bruder FTSE 100 mit -5%. Dies lässt erahnen, dass besonders die kleinen und mittleren Unternehmen stärker von dieser Krise bedroht sind als die Grosskonzerne. Während das Bild in Asien dem in Europa ähnelt, haben vor allem die amerikanischen Aktienmärkte in der letzten Woche gelitten. Der starke Anstieg an Neuinfektionen mit dem Coronavirus jenseits des Atlantiks, hat die Amerikaner mit voller Wucht getroffen und das Thema in ihr Bewusstsein gehämmert. Der S&P 500 hat -15% verloren, der Dow Jones Industrial gar -17%. In New York gilt ab sofort 100% Home Office. In Kalifornien, New York, Illinois und Connecticut sind die Bürger aufgefordert zu Hause zu bleiben. Marktausblick Die kommenden Woche könnten ein wenig Beruhigung in die Märkte bringen, nachdem die möglichen Ausmasse der aktuellen Krise den meisten Akteuren nun bewusst geworden sein dürfte. Wie schlimm es wird weiss aktuell jedoch keiner. Die plötzliche Entdeckung einer effektiven Therapie oder eines Impfstoffes, könnte die Märkte ebenso schnell drehen lassen wie sie eingestürzt sind. Damit ist jedoch in den nächsten Tagen und Wochen noch nicht zu rechnen. Die alles entscheidende Frage ist, wieviel Schaden die Wirtschaft im Verlauf des notwendigen Stillstands nehmen wird? Basierend auf einer eigenen historischen Analyse hat sich gezeigt, dass nach Marktkorrekturen von -25% bis -30% weitere Verluste in mindestens dieser Höhe sehr wahrscheinlich sind, wenn die Wirtschaft im Anschluss in eine Rezession übergeht. Die Rezession ist unausweislich, so dass wir eher von weiter fallenden Märkten als von einer rasanten Erholung ausgehen sollten. Nach der Panik der letzten Wochen, kann der weitere Verlauf zumindest an Intensität und Geschwindigkeit nachlassen. Die immer rasanter steigende Anzahl an Neuinfektionen, bedingt durch das zugrundeliegende exponentielle Wachstum, könnte die Panik aber durchaus wieder kurzfristig anheizen. Risikomodell Crash Protection Das Risikomodell zeigt nun für alle Regionen und fast alle Länder einen bestätigten roten Status an. Aktuell ist Sicherheit und Kapitalerhalt oberstes Gebot. Eine Rückkehr zu einem grünen Status würde eine starke Erholung der Aktienmärkte notwendig machen, wonach es momentan nicht aussieht.
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AuthorBertan Güler, CFA Archives
November 2022
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